being human being
Seit einigen Jahren beschäftigte Laurenz Bick sich wieder stärker mit der Suche nach einer neuen, künstlerischen Ausdrucksform. Es zog ihn weg vom seinen beruflichen Alltag bestimmenden Computer, und er widmete sich einer speziellen Drucktechnik. Hierzu werden oft Zeitungs- oder Magazin-Fragmente, aber auch private Bilder genutzt, um über eine gelartige Matrize Elemente daraus zu drucken.
Aus der Rauheit des Grunge und seiner Ästhetik, der Präsenz typografischer Elemente aus Magazinfundstücken, und Laurenz Bicks sensiblem Umgang mit Farbtönen und -kombinationen entstehen Drucke, die das Handgemachte und Unperfekte einsetzen, um vielschichtige und rätselhafte neue Bildzusammenhänge zu kreieren. Der Klang dieser druckgrafischen Arbeiten reicht von zurückhaltender Stille bis zu einem Wall of Sound mit hart aufeinandertreffenden Gegensätzen. Vieles ist dabei nur Andeutung oder bleibt fragmentarisch.
Wie den Protagonisten des Grunge geht es auch Laurenz Bick in seinen druckgrafischen Arbeiten um das „being human“ als „human being“ – so finden sich in seinen Arbeiten meist menschliche Figuren, oft vereinzelt, unterschiedlichen Geschlechts, Alters, Herkunft, sozialen Status? Sie geben sich nicht zu erkennen, auch wenn wir hier und dort prominente Gesichter zu sehen glauben. Was alle zu vereinen scheint, ist die Suche nach oder Behauptung von eigener Identität und ihrem durch Sie als Betrachter zugewiesenen Platz in der Gesellschaft. Sind es Vorurteile oder Erfahrungswerte, mit denen wir uns anmaßen, Menschen ein gesellschaftliches Profil zuzuordnen? Sich dazu bei der Einordnung der dargestellten Personen auf den Grafiken selbst kritisch zu überprüfen, empfinde ich als Laurenz Bicks Intention für diese Reihe. Ich möchte Ihnen dieses Gedankenspiel für Ihre persönliche Auseinandersetzung mit den Arbeiten ans Herz legen.
Die Bilder sind wie ein kantiges Gitarren-Riff oder ein vieldeutiger Songtext: bei jeder erneuten Wahrnehmung gibt es etwas zu entdecken, die Assoziationen des Betrachters haben Raum. Wohin leiten diese uns? Viele dieser Motive werden auch nach längerer Betrachtung ihr Geheimnis nicht preisgeben – und genau deshalb immer wieder das Interesse fordern.
Das Credo dieser Arbeiten könnte also getreu der fortwährenden Suche des Grunge nach Wahrhaftigkeit lauten: „Come As You Are“ – um es mit dem Songtitel eines der größten Helden der Grunge Generation, dem Nirvana-Sänger und Songwriter Kurt Cobain auszudrücken. „Ich denke, der Song handelt von Akzeptanz und von Außenseitern“, sagte dazu der Nirvana-Produzent Butch Vig. „Du bist cool, egal wie verkorkst du bist. ‚Come As You Are‘ ist eine Ode daran, jemanden so zu akzeptieren, wie er ist.“
Text: Reinhold Janowitz